Die politischen Aufgaben der sozialistischen Studentinnen und StudentenZur Kritik der hochschulpolitischen Strategie von "Die Linke.SDS""Die Bewegung wissenschaftlicher Intelligenz muss zum kollektiven Theoretiker des Proletariats werden - das ist der Sinn ihrer Praxis". Hans-Jürgen Krahl" R. DutschkeWas sind die Aufgaben der sozialistischen Studentinnen und Studenten? Einige grundsätzliche Überlegungen: 1. Studentinnen und Studenten werden während ihres Studiums dazu qualifiziert im gesellschaftlichen Produktionsprozess die arbeitsteilige Funktion der wissenschaftlichen Intelligenz auszuüben. 2. Verwertungs- und materieller Arbeitsprozess der kapitalistischen Produktion können voneinander nicht getrennt werden, denn der Zweck der kapitalistischen Produktion, die Produktion von Mehrwert, strukturiert den materiellen Arbeitsprozess, gibt ihm seine arbeitsteilige Form und bestimmt seinen Verlauf. Daraus ergibt sich zunächst, dass, um die Aufgaben der sozialistischen Studierenden und ihres Verbandes richtig bestimmen zu können, nicht nur von deren vorübergehender gesellschaftlichen Stellung als zu Qualifizierende auszugehen ist, sich also auch sozialistische Hochschulpolitik nicht auf diesen Rahmen beschränken darf, sondern von der zukünftigen Stellung der Studierenden im kapitalistischen Produktionsprozess, die den Inhalt der Qualifikation ausmacht. Welche Funktion kommt der wissenschaftlichen Intelligenz im kapitalistischen Produktionsprozess zu? Die Aufgabe der wissenschaftlich-technischen Intelligenz im kapitalistischen Produktionsprozess ist die zeitökonomische Effektivierung des materiellen Arbeitsprozesses, die Zeitersparnis und die Intensivierung der Arbeitsleistung durch die Anwendung von Wissenschaft und Technik, die ihrerseits wiederum angewandte Wissenschaft ist. Diese Funktion ergibt sich notwendig aus dem Zweck des Kapitals, der relativen Mehrwertschöpfung. Die Arbeitenden werden dabei dem verwissenschaftlichten und technifizierten Produktionsprozess fortschreitend untergeordnet. Dieser fortschreitende intellektuelle Enteignungsprozess der Arbeitenden, denen ihr eigenes im materiellen Arbeitsprozess erworbenes und angewandtes Wissen in der Wissenschaft als Macht des Kapitals feindlich gegenübertritt ist bedingt durch die Arbeitsteilung von Hand- und Kopf. Worin besteht die Trennung von Hand- und Kopfarbeit? Zunächst: jedwede Arbeit vereint die Tätigkeiten von Hand und Kopf, mit der Trennung von Hand und Kopfarbeit ist etwas anderes gemeint. Der Arbeitende setzt in den Gegenstand seiner Arbeit einen Zweck. Die geordnete Kraftanstrengung des Arbeitenden verwirklicht dann diesen virtuell gesetzten Zweck, der nichts anderes als eine auf den bisherigen Erfahrungen mit dem Gegenstand beruhende Möglichkeit des Gegenstandes selbst ist. Diese unaufhebbare teleologische Struktur der Arbeit begründet die Einheit von Hand und Kopf, also von Zwecksetzung, Erfahrung und kontrollierter Kraftanstrengung. Doch auch wenn diese Struktur allgemein und unaufhebbar ist, so ist doch jede einzelne Arbeit in einen Zusammenhang übergeordneter Zwecke eingegliedert, dem sie entfremdet werden kann. Diese Entfremdung des einzelne Arbeiten verrichtenden Arbeitenden von den diesen Teilarbeiten übergeordneten Zwecken, ist die Trennung von Hand- und Kopfarbeit. Anschaulich wird dieses Verhältnis, denkt man an die Zwecke einzelner Handgriffe bei der Herstellung eines Produktes gegenüber dem Zweck des Produktes als Ganzem irgendein gesellschaftliches Bedürfnis zu befriedigen. Die wissenschaftlich technische Intelligenz nun abstrahiert von den konkreten gegenständlichen Zwecken der einzelnen Arbeiten und ihrem gesellschaftlichen Zusammenhang und ordnet deren Erfahrungswerte dem Zweck der Effizienz unter. Dieser den einzelnen Arbeiten übergeordnete Zweck, vergegenständlicht sich in der kapitalistischen Arbeitsorganisation, die den Arbeitenden bereits als fertige und für sie unabänderliche Bedingungen ihrer Teilarbeiten gegenübertritt, und das nicht nur in Form der Maschinerie, sondern generell. Aber auch die wissenschaftlich technische Intelligenz, als Teil des gesellschaftlichen Gesamtarbeiters unterliegt in ihrer konkreten geistigen Arbeit der Entfremdung, denn der Zweck den sie in den materiellen Arbeitsprozess setzt, ist der des Kapitals, welches wiederum sein eigener Selbstzweck ist. Das Kapital, die Selbstverwertung des Wertes und seine materielle Entsprechung die Effizienz, sind eben Ausdruck fehlender gesamtgesellschaftlicher Zwecksetzung, und als solcher zugleich notwendig die Verkehrung von Zweck und Mittel. Ist der letzte übergeordnete Zweck der Produktion nicht die Befriedigung gesellschaftlicher Bedürfnisse, werden der abstrakte Reichtum, die bloße Möglichkeit des Genusses, wie sie sich im Geld manifestiert und das Mittel der Effektivierung, das Arbeiten um der Arbeitsersparnis willen zum Selbstzweck. (Es ist also, um einer häufigen Denunziation marxistischer Wissenschafts- und Technikkritik zu begegnen, hier nichts gegen effizientes Arbeiten gesagt, aber die Arbeit und die Anwendung der Technik sollten einen Sinn haben, der über die Effizienz hinausgeht. Diese Einschränkung allerdings ist ein Unterschied ums Ganze, wie deutlich geworden sein sollte.) Die Aufgaben der sozialistischen Studentinnen und Studenten In Konsequenz aus dem bisher Gesagten werden die Aufgaben der sozialistischen Studentinnen und Studenten deutlich.
"Im Sozialismus sind Hochschulen eine zivilgesellschaftliche Institution, in der (die) gesellschaftliche Planung, Lenkung und Entwicklung realisiert wird und sich die Bildungssubjekte für diese Aufgabe qualifizieren" (aus dem "Selbstverständnis des Studierendenverbandes DIE LINKE.SDS") In welchem Verhältnis steht dieses Ziel zur realen Hochschulpolitik? Die Trennung von Fern- und Nahziel führt notwendig, und das historische Scheitern, sowohl sozialdemokratischer wie auch traditionell kommunistischer Politik beweisen das, zur Korruption des Sozialismus, seinem Verkommen zu reiner Machtpolitik. Ein Sozialismus des 21. Jahrhunderts muss deshalb den menschlichen Zweck in den Mitteln vergegenwärtigen und sichtbar machen. Das entscheidende Mittel den Sozialismus zu erreichen ist aber die sozialistische Organisation selbst, von der wiederum der sozialistische Studierendenverband ein inhaltlich bestimmter Teil ist. In ihm kann und muss die Wissenschaftskritik, die, wegen ihrer gesellschaftlichen Stellung die vornehmste Aufgabe der sozialistischen Studierenden ist, jetzt schon praktisch werden, und das heißt organisationsbildend. Der sozialistische Studierendenverband könnte die Keimform einer bundesweiten Struktur von Gegenuniversitäten, von proletarischen Bildungseinrichtungen sein, die sich strukturell vom bürgerlichen Wissenschaftsbetrieb unterscheiden und denen eine bedeutende Funktion in der sozialistischen Organisierung des gesellschaftlichen Gesamtarbeiters überhaupt zukommen wird.
Nachbemerkung: Die sozialistische Hochschulpolitik muss in eine offensive Strategie der Doppelherrschaft integriert sein, sonst versinkt sie in Opportunismus. Die Gefahr eines siegreichen Opportunismus im DIE LINKE.SDS sehen wir in der beschlossenen HoPo-Strategie aufblitzen, deren vulgärgramscianische Rechtfertigung wir in einem Rundbrief an die Ortsgruppen des SDS bereits kritisiert haben, der aber auch im Internet unter Auf dem nächsten Bundeskongress werden wir den Antrag stellen eine Arbeitsgruppe zu bilden, die sich eingehend mit der Theorie sozialistischer Wissenschaftskritik und der Praxis von kritischen-, Gegen- und Volksuniversitäten des historischen SDS befasst - komplementär zur Beschäftigung mit der hochschulpolitischen Denkschrift des SDS, die das Forum Hochschulpolitik fordert. Diese Arbeitsgruppe soll daraufhin ihre vorläufigen Resultate bundesweit zur Diskussion stellen, mit dem Ziel dem Bundeskongress praktische und beschlussfähige Konsequenzen aus den, in den Diskussionen der Basis gewonnen Einsichten für die Organisation und Politik des neuen SDS vorzulegen. Wir sehen in der Bewilligung dieses Antrages ein notwendiges Korrektiv zur rein realpolitischen Orientierung des Vorstandes und hoffen deshalb dieser kurze Artikel vermag es noch im Vorfeld des Bundeskongresses eine breite und kontroverse Debatte anzustoßen.
Michael Grewing (Die Linke.SDS Bochum)
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